Der folgende Text ist ein Auszug aus meiner geschichtswissenschaftlichen Masterarbeit mit dem Thema “Ursprünge und Entwicklung des Chaos Computer Clubs in den 1980er Jahren” (PDF|ePub). Weitere Auszüge folgen in den nächsten Wochen. Alle bereits veröffentlichten Teile sind hier zu finden.
Während der Computer Ende der Siebziger im Alternativen Milieu als Überwachungs- und Kontrolltechnik weitgehend abgelehnt wurde, galt dies nicht für eine andere Technologie, die sich ebenfalls hervorragend zur Überwachung eignet – Video. Seit Anfang der Siebziger als Abfallprodukt der Fernsehindustrie auch auf dem Konsumentenmarkt verfügbar, galt Video bei nicht wenigen Alternativen als revolutionäre Technik, mit der der Anspruch auf Gegenöffentlichkeit verwirklicht und die Macht der etablierten Medien, insbesondere des als besonders manipulativ geltenden Fernsehens, gebrochen werden konnte.
In Hamburg wurde Mitte der Siebziger Jahre von Studierenden der Hochschule für bildende Künste und der Universität der „Medienladen Hamburg“ gegründet. Er hatte den Anspruch, „konkrete, auch politisch-konfliktorientierte Medienarbeit“1Jochen Büttner: Alternative Medienarbeit mit VIDEO. In: Gerhard Lechenauer (Hrsg.): Alternative Medienarbeit mit Video und Film. Reinbek 1979. S. 121-140, hier 134. zu machen und „einen alternativen Medienansatz gegen die herrschende Medienpraxis durchzuführen“2Büttner: Alternative Medienarbeit, S. 134.. Dies sollte dadurch erreicht werden, dass Gruppen und Initiativen Videogeräte und Schnittmöglichkeiten zur Verfügung gestellt wurden, womit diese ihre Projekte selbstständig darstellen und dokumentieren konnten.3Vgl. Büttner: Alternative Medienarbeit, S. 134. Die fertigen Produktionen wurden in der Regel im kleinen Kreis vorgeführt und danach in der Videothek des Medienladens aufbewahrt, ggf. noch als Kopie anderen Videogruppen zur Verfügung gestellt. Eine große Reichweite über den Kreis der Beteiligten hinaus erreichten die Produktionen des Medienladens nur selten.4Vgl. Büttner: Alternative Medienarbeit, S. 138.
Der Hamburger Medienladen und das gemeinsame Interesse an den Möglichkeiten und Auswirkungen von Technik brachte aber fünf Männer zusammen, die im September 1981 zu einem Treffen von „Komputerfrieks“ in die Redaktionsräume der taz luden, dass vom Chaos Computer Club selber als seine informelle Gründung bezeichnet wird.5Vgl. Selbstdarstellung des Chaos Computer Club unter http://ccc.de/de/club (10. Februar 2012). Eingeladen wurde zu dem Treffen über die taz. Am 1. September 1981 erschien dort unter Aktuelles eine Meldung mit folgendem Inhalt:
Unter dem Pseudonym Tom Twiddlebit verbarg sich Klaus Schleisiek, Wau stand für Herwart Holland-Moritz, genannt Wau Holland, mit Wolf war Wolf Gevert gemeint. Die zwei Ungenannten waren Wulf Müller und Jochen Büttner.