Die Ursprünge des Chaos Computer Clubs II: Hacker

Der folgende Text ist ein Auszug aus meiner geschichtswissenschaftlichen Masterarbeit mit dem Thema “Ursprünge und Entwicklung des Chaos Computer Clubs in den 1980er Jahren” (PDF|ePub). Weitere Auszüge folgen in den nächsten Tagen. Alle bereits veröffentlichten Teile sind hier zu finden.

Während das Alternative Milieu in Westdeutschland Computer überwiegend als eine Bedrohung ansahen, war in Teilen der amerikanischen Counterculture eine positivere Einstellung gegenüber Computern und Technologie im Allgemeinen vorhanden. Die Faszination, die der Computer hier auf viele, von den kulturellen Wandlungen der sechziger und frühen siebziger Jahre geprägten Menschen ausübte, führte schließlich dazu, dass sich die Computerindustrie Ende der 1970er revolutionär wandelte. War zu Beginn der Dekade noch der raumgroße Mainframecomputer für Firmen und Behörden das vorherrschende Produktparadigma, trat in nur wenige Jahre der kleine Heimcomputer für den privaten Gebrauch an diese Stelle.1Vgl. hierzu u.a. Fred Turner: From Counterculture to Cyberculture. Steward Brand, the Whole Earth Network, and the Rise of Digital Utopianism. Chicago u.a. 2006 sowie John Markoff: What the Dormouse Said. How the Sixties Counterculture Shaped the Personal Computer Industry. New York, u.a. 2006. Eine Subkultur, die entscheiden Anteil an diesem Wandel hatte waren die Hacker.

Die bedeutendste Quelle für die Ursprünge der Hackerkultur ist immer noch Steven Levys 1984 erschienenes Buch „Hackers. Heroes oft the Computer Revolution“, das einen starken Einfluss auf die Selbstdefinition der Subkultur der Hacker hatte. Levy gelang dies vor allem durch die Kodifizierung der in der Subkultur vorherrschenden Werte. Die von ihm beobachtete und erstmals aufgeschriebene Hackerethik bildet den Kern seines Buches.

Für Levy ist das Massachusetts Institute of Technology (MIT) der Geburtsort der Hackerkultur. Hier sollen sich gegen Ende der fünfziger Jahre erstmals Mitglieder des Tech Model Railrod Clubs (TMRC), dem Modeleisenbahnclubs der Universität, Zugang zu Computern verschafft haben. Die für die komplexen Signalanlagen der Modelbahn zuständige Gruppe sei von Telefonrelais und Transformatoren fasziniert gewesen (“Technology was their playground.”2Levy: Hackers, S. 23.) und habe viel Zeit damit verbracht, technische Bauteile zu beschaffen, zu reparieren und in die Modelbahn zu integrieren. Der für die Hackerkultur namensgebende Begriff „hack“ sei am MIT ursprünglich für einen in amerikanischen Colleges üblichen, aufwendigen Streich in Verwendung gewesen. Die Mitglieder des TMRC hätten den Begriff jedoch für ein „project undertaken or a product built not solely to fulfill some constructive goal” verwendet, welches „with some wild pleasure taken in mere involvement” ausgeführt wurde, und das „innovation, style, and technical virtuosity“3Levy: Hackers, S. 23. beinhaltete. Die talentiertesten Mitglieder der Gruppe hätten sich selber als Hacker bezeichnet.4Vgl. Levy: Hackers, S. 20-23.

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