Wann immer jemand etwas über Btx, dem mittlerweile historischen Bildschirmtextsystem der Deutschen Bundespost schreibt, werde ich aufmerksam – den Btx und der staatlich geplante „Aufbruch in die Informationsgesellschaft“ in den 1980ern Jahren ist Teil meines engeren Interessen- und Forschungsgebietes. Zu Geschichte von Btx habe ich daher hier in diesem Blog schon mehrfach geschrieben.
Der jüngste Artikel zu Btx stammt von Torsten Dewi (Wikipedia) auf dem ZDF-Blog Hyperland. Dewi bring darin (wieder einmal) das Argument, dem Internet fehle, anders als Btx, eine eingebaute Bezahlfunktion.
Ich tue mich grundsätzlich damit schwer, Btx mit dem Internet zu vergleichen oder es gar als „eines der Vorgängersysteme des Internets“ zu bezeichnen. Btx war ein geschlossenes System, in dem man nur Informationen anbieten konnte, wenn die Bundespost dies genehmigte – der Rest der „Teilnehmer“ durfte nur diese Informationen konsumieren. Das Internet dagegen ist schlicht ein System zum Austausch von Daten aller Art. Oder, um ein Vergleich zu bemühen: Während das Internet ein Straßennetz für Informationen ist, war Btx ein Einkaufszentrum, in dem man Ladenfläche mieten musste, um etwas anbieten zu dürfen. (Jeder Vergleich hinkt, ich weiß…)
Der Erfolg des Internets in den 1990er ist zwar vermutlich auch dem Umstand geschuldet, dass es relativ plötzlich zu einem „besseren Btx“ wurde, da es günstiger war und mehr Möglichkeiten bot. Aber dies lag eben daran, dass es keinen „Hausherren“ gab, der Regeln aufstellen oder den Zugang beschränken konnte. (Warum das Internet so erfolgreich war, bedarf allerdings noch mehr Forschung.)
Wenn jetzt Forderungen erhoben werden, das Internet solle mehr wie Btx werden und eine eingebaute Bezahlfunktion erhalten, bedeutet dies faktisch das Ende der berühmten Netzneutralität und damit des Internets, wie wir es kennen – weil dies eine zentrale Kontrolle der Informationsflüsse erfordern würde. Die Aufgabe der Anonymität, die Dewi befürchtet (oder fordert?) ist dabei gar nicht das eigentliche Problem, sondern vielmehr die damit einhergehende Einschränkung der Meinungsfreiheit!
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Der Punkt ist ja noch ein anderer: Das Internet ist längere Zeit ohne Werbung und ohne irgendwelche Bezahlmodelle ausgekommen und könnte das auch heute noch. Mein Blog hoste ich selbst und zahle dafür den Server aus eigener Tasche. Das kostet nicht viel. Du machst das auch. Andere Leute könnten das ebenfalls. Die Vorstellung, dass man im Internet unbedingt Werbung und Nutzerüberwachung braucht, stammt eigentlich nur von den Leuten, die mit dem Internet Geld verdienen wollen.
Ich habe ja gar nichts gegen Leute, die mit ihrer Arbeit Geld verdienen wollen, wieso auch, mache ich auch gerne. 🙂 Den Punkt, den du vermutlich meinst, ist, das es problematisch ist, eine Infrastruktur wie das Internet _nur_ unter kommerziellen Gesichtspunkten zu sehen. Wenn man Geld verdienen möchte, ist es natürlich problematisch, kostenlose Konkurrenz zu haben – aber das Internet ist eben keine kommerzielle Infrastruktur, sondern eine öffentliche die jeder nutzen kann/ können muss, wie er mag!